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Übersetzung: Latein 12GK der KGS Schwanewede 1998/99


[1] Wie lange willst du Catilina unsere Geduld noch missbrauchen? Wie lange noch wird uns dieser sein Wahnsinn da verspotten? Bis zu welchem Punkt wird sich die zügellose Frechheit vorwagen? Bewegten dich nicht etwa die nächtliche Bewachung des Palatin, die Nachtwache der Stadt, die Furcht des Volkes, die Zusammenkunft aller guten Menschen, dieser überaus befestigte Ort des zu haltenden Senates und die Gesichter und Mienen von diesen? Fühlst du nicht, dass deine Pläne offenstehen? Siehst du nicht, dass deine Verschwörung durch das Wissen all dieser lahm gelegt ist? Glaubst du, dass irgend jemand von uns nicht weiß, was du letzte, was du vorletzte Nacht gemacht hast, wo du warst, wen du zusammengerufen hast, welchen Plan du gefasst hast?

[2] O Zeiten! O Sitten! Der Senat bemerkt dieses, der Konsul sieht es; dennoch lebt dieser. Lebt? Schlimmer noch, er kommt sogar in den Senat, dies geschieht als Mitglied der öffentlichen Beschlüsse, bezeichnet und bestimmt mit den Augen den einen und den anderen von uns zum Tod. Wir tapferen Männer jedoch schienen genug für den Staat zu tun, wenn wir dem Wahnsinn und den Geschossen dessen da ausweichen. Es gebührte sich schon längst, Catilina, dass du auf Befehl des Konsuls zum Tode geführt wirst und dass das Unheil über dich gebracht wird, was du schon lange gegen uns alle planst.

[3] Hat doch der höchst angesehene Mann P. Scipio, der höchste Priester, den T. Gracchus, obwohl er den Zustand des Staates nur mäßig umstürzte, in eigener Vollmacht getötet. Da sollen wir Konsuln ertragen, dass der begierige Catilina den Erdkreis mit Mord und Brandschatzen verwüstet? Denn ich übergehe jene allzu alten Dinge, als Servilius Ahala den nach Umstürzen trachtenden Spurius Maelius mit eigener Hand tötete. Es gab, ja es gab einst in diesem Staat dies vorbildliche Verhalten da, dass sie tapferen Männer den schändlichen Bürger mit strenger Bestrefung in Schranken hielten als den bittersten Feind. Wir haben einen Senatsbeschluss gegen dich gefasst, Catilina, heftig und schwer; es fehlt dem Staat nicht der Beschluss und die Vollmacht diese Standes: Ich sage es ganz offen, wir, wir Konsuln versagen.

[4] Der Senat hat einst beschlossen, dass Lucius Opimius darauf achten soll, dass der Staat nicht irgendeinen Schaden nehme; keine Nacht verging: Gaius Gracchus ist nur wegen bestimmter Verdachtsmomente des Aufstandes getötet worden, obwohl er von einem sehr berühmten Vater, Großvater und Vorfahren abstammte; auch der ehemalige Konsul Fluvius ist mit seinen Kindern getötet worden. Der Staat ist auf einen ähnlichen Senatsbeschluss hin den Konsuln Gaius Marius und Lucius Valerius überlassen worden. Hat die Strafe des Staates und der Tod den Volkstribun Lucius Saturnius und den Praetor Gaius Servilius einen einzigen Tag warten lassen? Dulden wir jedoch schon den 20. Tag, dass die Schärfe durch die Vollmacht dieser abstumpft. Wir haben nämlich einen Senatsbeschluss dieser Art, aber ist dieser im Archiv eingeschlossen, gleichsam in der Schwertscheide versteckt; auf einen Senatsbeschluss hin, ziemte es sich, dass du, Catilina, sofort getötet wirst. Du lebst, und du lebst nicht zum Aufgeben, sondern zur kühnen Stärkung. Ich begehre, Senatoren und Abgeordnete, dass ich mild bin, ich begehre, dass ich bei solch großen Gefahren des Staates nicht fahrlässig erscheine, sondern spreche ich mich jetzt selbst der Faulheit und Nichtsnutzigkeit schuldig.

[5] Lager sind in Italien an der Küstenlinie Etruriens gegen das römische Volk aufgestellt worden, die Zahl der Feinde wächst täglich: wir sehen jedoch, dass der Feldherr dieser Lager und der Führer der Feinde zwischen den Stadtmauern und bis dahin im Senat von innen her täglich ziemlich dem Staat Verderben bereit. Wenn ich sage, Catilina, dass du ergriffen und getötet werden wirst, glaube ich, so werde ich fürchten müssen, dass alle Guten eher sagen, dass die von mir zu spät getan wurde, als dass irgendeiner sagt, dass dies zu grausam von mir getan wurde. Aus irgendeinem bestimmten Grund werde ich noch nicht verleitet, dass ich dies mache, was schon längst nötig war, dass es gemacht wurde. Am Ende wirst du gar zugrunde gehen, wenn niemand so schlechter, so verdorbener und so deiner ähnlich gefunden werden können wird, der gesteht, dass dieses nicht mit Recht gemacht worden ist.

[6] So lange, wie überhaupt jemand sein wird, der es wagen sollte, dich zu verteidigen, wirst du leben, und du wirst so leben, wie du jetzt lebst, da du von vielen der meinigen und kräftigen Bewachern umlagert wirst, damit du nichts gegen den Staat unternehmen kannst. Doch werden die Augen und Ohren vieler, wie sie es bis jetzt gemacht haben, dich, den nicht bemerkenden beobachten und überwachen. Was nämlich ist es, Catilina, was du noch weiter erwarten kannst, wenn weder die Nacht die unrechten Zusammenkünfte durch Schatten verdunkeln, noch dein Privathaus die Stimmen deiner Verschwörung durch Wände bewahren kann, wenn alles erleuchtet und bekannt wird? Verändere nun diese deine Gasinnung, glaube mir, vergiss das Morden und das Brandschatzen! Von allen Seiten wirst du eingeschlossen, alle deine Pläne sind uns offensichtlicher als das Licht, die du schon mit mir durchgehen kannst.

[7] Erinnerst du dich, dass ich am 21. Oktober sagte, dass Gaius Manlius, der Begleiter und Helfershelfer deiner Frechheit, an einem bestimmten Tag, der Tag, der der 27. Oktober ist, in Waffen im Senat sein wird? Hat mich etwa, Catilina, nicht nur die so große Sache, so abscheulich und unglaublich, sondern etwa auch, was noch um vieles mehr bewundert werden muss, der Tremin getäuscht? Ich habe ebenfalls im Senat gesagt, dass du den Mord der Optimaten den 28. Oktober festgesetzt hast, dann, wenn viele Staatsmänner der Stadt, nicht sowohl um sich selbst zu retten als vielmehr deine Pläne zu behindern, aus Rom geflüchtet sind. Kannst du etwa leugnen, dass du an jenem Tag selbst von meinen Beschützern und meiner Sorgfalt umzingelt dich nicht gegen den Staat rühren konntest, wenn du nach der Abreise der übrigen dennoch sagst, dass du mit unserem Tod, die wir zurück geblieben wären, zufrieden bist?

[8] Was? Hast du nicht gemerkt, dass jene Landstadt auf meinen Befehl, durch meinen Schutz, meine Wächter und Nachtwachen, damals, als du prognostiziertest, dass du Praeneste am 1. November in einem nächtlichen Angriff besetzen würdest? Nichts machst du, nichts bewegst du, nichts überlegst du, was ich nicht nur höre, sondern sehe und deutlich fühle. Erkenne mit mir endlich jene vorletzte Nacht: Schon wirst du einsehen, dass ich um vieles schärfer das Wohlergehen des Staates bewache, als du das Verderben der Staates. Ich sage, dass du vorletzte Nacht in die Sichelmachergasse gekommen, in das Haus das Marcus Laeca bist - ich werde es ganz offen darlegen - dass mehrere Genossen des selben Wahnsinns und des Verbrechens dorthin zusammengekommen sind. Wagst du es das abzustreiten? Was schweigst du? Ich werde dich überführen, wenn du es leugnest. Ich sehe nämlich, dass gewisse Menschen hier im Senat sind, die mit dir zusammen gewesen sind.

[9] O unsterbliche Götter! Wo denn in aller Welt sind wir? Welchen Staat haben wir? In was für einer Stadt leben wir? Hier, hier unter uns Senatoren, in dieser heiligsten und würdigsten Versammlung des Erdkreises, die über unser aller Untergang, die über den Untergang dieser Staat und sogar den Untergang des gesamten Erdkreises denkt! Ich Kosul sehe diese und frage sie nach ihrer Meinung über diesen Staat und ich verwunde diese, für welche es sich gehörte, dass sie durch das Schwert abgeschlachtet werden, immer noch nicht mit der Stimme. Du bist also in jener Nacht bei Laeca gewesen, hast die Rollen Italiens verteilt, hast festgesetzt, wohin es gefalle, dass ein jeder aufbreche, hast ausgewählt, welche du in Rom zurücklässt und welche du mit dir führst, hast Teile der Stadt zum Brandschatzen bestimmt, hast bekräftigt, dass du selbst schon weggehen wirst, und hast gesagt, dass dir ein wenig der Verzögerung bleibt, weil ich lebe. Zwei römische Reiter sind gefunden worden, die dich aus dieser Sorge da befreien sollten, und versprachen, dass sie mich in eben jener Nacht vor dem Morgengrauen in meinem Bett töten würden.

[10] Ich habe all dies in Erfahrung gebracht eben erst, nachdem eure Versammlung aufgelöst worden war; ich habe mein Haus mit ziemlich starke Schutzwachen geschützt und verstärkt; Ich habe diese ausgeschlossen, die du früh am Morgen zu mir zur Begrüßung geschickt hattest, und hatte ich vielen hochgeachteten Männern schon vorausgesagt, wenn diese selbst gekommen wären, dass diese genau zu dieser Zeit zu mir kommen würden. Wenn das so ist, Catilina: Fahre fort, womit du begonnen hast! Verlasse endlich die Stadt! Die Tore stehen offen: Brich auf! Allzu lange schon ersehnt dich jenes dein Lager unter Manlius als Imperator. Nimm mit dir auch all deine Männer, wenn nicht, dann doch möglichst viele! Säubere diese Stadt! Du wirst mich sicher aus der großen Furcht befreit haben, wenn zwischen dir und mir eine Mauer ist. Du kannst dich nicht länger bei uns aufhalten: ich werde es nicht ertragen, ich werde es nicht dulden und ich werde es auch nicht zulassen.

[11] Großer Dank muss den unsterblichen Göttern und auch dem Erhalter Juppiter selbst, dem ältesten Wächter dieser Stadt, gegeben werden, weil wir nunmehr diesem so scheußlichen, so schrecklichen und sooft bedrohenden Ungeheuer des Staates entkommen sind. Es darf nicht noch öfter in/an einer Person liegen, dass der Bestand des Staates gefährdet wird. Solange du mich gewählten Konsul bedroht hast, Catilina, habe ich mich nicht durch den öffentlichen Schutz, sondern durch die eigene Sorgfalt verteidigt. Als du bei der letzten Volksversammlung zur Wahl des Konsuls mich Konsul und deine Mitbewerber zu töten versucht hast, habe ich deine frevelhaften Vorhaben durch den Schutz und die Hilfe der Freunde verhindert, nachdem kein Aufruhr öffentlich erregt worden war. So oft du mich schließlich bedroht hast, widersetze ich mich dir persönlich, obwohl ich sah, dass mein Verderben mit einem großen Schaden für den Staat verbunden sei.

[12] Jetzt schon greifst du den gesamten Staat offen an; du bestimmst die Tempel der unsterblichen Götter, die Häuser der Stadt, das Leben aller Bürger, und schließlich ganz Italien zum Untergang und zur Verwüstung. Deshalb, nachdem ich noch nicht wage, das zu machen, was das erste beste ist und was dessen Befehl und Grundsätzen stärker eigen ist, werde ich das machen, was hinsichtlich des Strenge milder und des allgemeinen Wohles nützlicher ist. Denn wenn ich befehlen werde, dass du getötet wirst, wird die verbliebene Hand der Verschworenen im Staat zurückbleiben; wenn du aber herausgehen wirst, weil ich dich schon längst ermahne, wird der große und verderbliche Abschaum des Staates, nämlich deiner Kameraden, aus der Stadt hinaus gespült werden.

[13] Was noch Catilina? Zögerst du etwa auf meinen Befehl hin, dieses zu machen, was du schon aus eigenem Antrieb machen wolltest? Der Konsul befiehlt, dass der Feind aus der Stadt geht. Du fragst mich: Etwa ins Exil? Ich befehle es nicht, sondern rate es dir, wenn du mich fragst. Was gibt es dennoch, was dich in dieser Stadt erfreuen könnte? In dieser ist niemand außerhalb dieser Verschwörung an verdorbenen Menschen da, der dich nicht fürchtet, niemand, der dich nicht hasst. Welches Merkmal privater Schande ist deinem Leben nicht eingebrannt worden? Welche Schande deiner Privatsachen haftet nicht an deinem Ruf? Welcher Begierde ist von deinen Händen und welche Schändung von deinem ganzen Körper jemals fern geblieben? Welchem Jugendlichen, den du durch Reize deiner Korruption ins Netz gelockt hattest, hast du nicht zur Kühnheit das Schwert oder aber zur Ausschweifung die Fackel vorangetragen?

[14] Ja was noch mehr? Hast du nicht etwa, als du neulich durch den Tod deiner früheren Frau Raum für eine neue Hochzeit geschafft hattest, diese Verbrechen durch ein anderes unglaubliches Verbrechen übertroffen? Ich übergehe dieses und dulde es leicht, dass geschwiegen wird, in diesem Staat, damit nicht die Ungeheuerlichkeit einer so großen Schande weder existiert zu haben scheint noch nicht gesühnt worden zu sein. Ich übergehe den Zusammenbruch deines Vermögens, den du bei den nächsten Iden vollständig über dich hereinbrechen fühlen wirst. Ich komme nun zu jenen Sachen, die sich nicht auf deine private Schande deiner Fehler, nicht deine häuslichen Schwierigkeiten und Schändlichkeiten, sondern welches sich auf den gesamten Staat und auf unser aller Leben und Wohlbefinden bezieht.

[15] Kann dir dieses Licht, Catilina, oder die Luft dieses Himmels angenehm sein, wenn du weißt, dass niemand dieser Menschen weiß, dass du am 29.12.66 v. N. bewaffnet auf dem Versammlungsplatz gestanden hast, dass du eine Bande wegen der zu tötenden Konsuln und Herrscher des Volkes mit Waffen ausgerüstet hast und dass deinem Verbrechen und Wüten weder irgendein Sinn noch deine Angst, sondern das Glück des römischen Volkes im Wege gestanden hat? Schon übergehe ich dieses - und auch nicht sind diese nämlich verdunkelt noch viele spätere Verbrechen - : wie viele Male hast du versucht, mich Designierten und wie viele Male mich gar als Konsul zu töten? Wie oft entfloh ich deinen so gefürchteten Angriffen, dass sie scheinen, nicht vermieden werden zu können, durch Beugung, wie man sagt, und durch eine ausweichende Körperbewegung! Du machst nichts, du erreichst nichts und dennoch hörst du nicht auf, es zu versuchen und es zu wollen.

[16] Wie oft ist dieser Dolch da schon aus deinen Händen gerissen worden! Wie oft ist er durch irgendeinen Zufall gefallen und entglitten! Dennoch kannst du nicht einen Tag entbehren! Ich weiß nicht durch welche heiligen Bräuche dieser von dir feierlich eingeführt wurde, da du ja glaubst, dass es nötig sei, dass dieser an dem Körper des Konsuls haftet.
Welches aber ist nun dieses dein Leben da? So nämlich werde ich mit dir reden, dass ich nicht scheine, von Hass bewegt worden zu sein, wie ich es müsste, sondern von Mitleid, welches dir als Keines geschuldet wird. Du bist ein wenig zuvor in den Senat gekommen. Wer aus dieser ganzen Besucherschar, wer von so vielen deiner Freunde und Vertrauten hat dich begrüßt? Wenn dies seit Menschengedenken niemandem widerfahren ist, erwartest du da eine Äußerung der Missbilligung, wenn du doch durch das gewichtige Urteil des Schweigens getroffen worden bist? Glaubst du, dass bei deiner Ankunft diese Bänke da frei gemacht worden sind, dass alle ehemaligen Konsuln, die von dir sehr oft zum Tod bestimmt worden waren, sogleich als du dich niedergelassen hast, sie diesen kahlen und leeren Teil der Bänke da zurückgelassen haben, endlich mit deinem Herzen zu erdulden?

[17] Bei Herkules, wenn meine Sklaven mich auf diese Weise so fürchten würden, wie alle Bürger dich fürchten, würde ich glauben, dass mein Haus ein zu verlassendes sein würde. Und da glaubst du, dass dir diese Stadt eine nicht zu verlassende ist? Und wenn ich sähe, dass ich bei meinen Mitbürgern zu Unrecht verdächtigt und schwer verhasst bin, würde ich mich des Anblicks der Bürger lieber entziehen, als von den feindseligen Blicken aller betrachtet zu werden. Zögerst du, deren Nähe und Gegenwart aus dem Wege zu gehen, obwohl du im Bewusstsein deiner Verbrechen den gerechten und dir schon lange geschuldeten Hass aller, deren innerstes Empfinden du verletzt, erkennst? Wenn dich die Eltern fürchten und dich die deinigen hassen würden und de diese nicht, auf keine Weise beruhigen könntest, wie ich vermute, würdest du dich von deren weg irgendwohin begeben. Jetzt hasst und fürchtet dich das Vaterland, das der gemeinsame Schöpfer von uns allen ist, und weiß schon lange, dass du nichts denkst, als über seine Vernichtung: Wirst du weder dessen Würde fürchten, noch seinem Urteil folgen, noch dich vor seiner Macht sehr fürchten?

[18] So verfährt dieses mit dir, Catilina, und spricht gleichsam schweigend: "Schon seit einigen Jahren existiert keine Schandtat ohne deine Beteiligung, keine Verbrechen ohne dich; dir als einzigem waren die Mordanschläge vieler Bürger, dir war die Folter und Plünderung der Genossen unbestraft und frei belassen gewesen; du allein warst nicht nur dazu im Stande, die Gesetze und Untersuchungen zu vernachlässigen, sondern vielmehr die zu untergraben und gänzlich außer Kraft zu setzen. Dennoch habe ich jene vorangegangenen Verbrechen wie ich konnte ertragen, obwohl diese nicht zu erduldende waren; nun aber ist es nicht zu ertragen, dass ich wegen dir allein völlig in Furcht bin, dass bei jedem, auch dem kleinsten Geräusch, Catilina gefürchtet wird, dass offentsichtlich kein Plan gegen mich gefasst werden kann, der nicht mit deinem Verbrechen zusammenhängt. Zum Wohle dieser Sache, weiche zurück und nimm diese Furcht von mir, wenn sie begründet ist, damit ich nicht weiter bedrängt werde, wenn sie es nicht ist, damit ich endlich einmal aufhören kann, mich zu fürchten."

[19] Wenn das Vaterland das mit dir besprechen sollte, wie ich gesagt habe, sollte es das doch erreichen, selbst wenn es keine Gewalt dazunehmen kann? Und daß du dich in freiwillige Haft begeben hast, da9 du gesagt hast, um Verdacht zu vermeiden, bei Markus Lepidus wohnen zu wollen? Von diesem nicht aufgenommen, hast du es auch gewagt zu mir zu kommen und gebeten, daß ich dich bei mir zu Hause beschützen solle. Du bist zum Prätor Q. Metellum gekommen, als du auch von mir diese Antwort erhalten hattest, daß ich auf keine Weise mit dir in denselben Wänden sicher sein könnte der ich in großer Gefahr wäre, weil wir in denselben Mauern zusammengehalten werden würden. Von diesem zurückgewiesen, bist du zu deinem Genossen, einem sehr guten Mann, gewandert; Von dem hast du natürlich geglaubt, daß er beim Bewachen sehr sorgfältig und beim Verdächtigen sehr scharfsinnig und beim Fesseln sehr stark sein werde. Aber wie weit scheint er vom Kerker und von Fesseln weg sein zu müssen, der sich schon selbst der Bewachung für würdig gerichtet hat.

[20] Trotz dieser Umstände, Catilina, hast du noch Bedenken, wenn du schon nicht mit Gleichmut dahinsterben kannst, in irgendwelche Länder wegzugehen und dieses dein vielen gerechten und gebührenden Strafen entrissene Leben der Flucht und der Einsamkeit anzuvertrauen. "Stell vor dem Senat einen Antrag!", sagst du; dieses nämlich forderst du und du sagst, dass du gehorchen wirst, wenn dieses Gremium beschlossen haben wird, dass es ihm gefällt, dass du ins Exil gehst. Ich werde keinen Antrag stellen, was ja nicht zu meinen Sitten passt, weil dieses von meinen Sitten zurückschreckt, und dennoch werde ich es tun, damit du erkennst, was diese von dir denken. Geh aus der Stadt, Catilina! Befreie den Staat von der Furcht! Brich auf ins Exil, wenn du dieses Wort erwartest! Was noch? Was merkst du, was bemerkst du das Schweigen dieser? Sie erdulden es, indem sie schweigen. Was erwartest du den Beschluss der Redenden, deren Willen du aus ihrem Schweigen durchschaust?

[21] aber wenn ich dies selbe zu diesem allerbesten Jungen Paulus Sestius, wenn ich dies selbe zu diesem sehr tapferen Marcus Marcellus gesagt hätte, dann hätte der Senat an mich als Konsul in diesem Tempel selbst mit vollstem Recht Hand angelegt. Was dich jedoch betrifft, Catilina, urteilen sie, wenn sie ruhig bleiben, richten sie, wenn sie es erdulden und schreiben, wenn sie schweigen; nicht nur diese allein, deren Ansehen dir offenbar teuer ist, deren Leben dir offenbar sehr wertlos ist, sondern auch jene römischen Ritter, die höchstangesehenen und besten Männer und die übrigen sehr tapferen Bürger, die vor dem Senat stehen, deren zahlreichen Besuch du sehen, deren Gesinnung du durchschauen und deren Stimmen du kurz vorher deutlich hören konntest. Ich werde die selbigen, deren Hände und Geschosse ich kaum mehr länger zurückhalten kann, dazu bringen, dass sie dich als Zurückgelassenen bis zu den Stadttoren begleiten, dass sie dich zu diesem begleiten, was du schon früher zu verwüsten versucht hast.

[22] Doch was sage ich? Damit irgendeine Sache dich bricht, damit du dich jemals änderst, damit du an irgendeine Flucht denkst, damit du an irgendein Exil denkst? Wenn dir die unsterblichen Götter doch diese Einsicht da geben könnten! Obwohl ich sehe, was für ein großer Sturm an Hass mir droht, wenn weniger in der Gegenwart durch die aktuelle Erinnerung an deine Verbrechen, aber in der Zukunft, wenn du dich durch meine Werte sehr erschrocken entschlossen haben wirst, ins Exil zu gehen. Aber es lohnt sich, wenn dieser dein Schaden da im persönlichen Bereich bliebe und der Schaden von den Gefahren für den Staat getrennt werden würden.
Man kann nicht fordern, dass du durch deine Verfehlungen bewegt wirst, dass du die Strafen der Gesetze fürchtest, dass du auf die schlimme Lage des Staates Rücksicht nimmst. Ein solcher bist du nämlich nicht, Catilina, dass dich entweder die Scham jemals vor der Schändlichkeit oder die Furcht vor der Gefahr oder auch die Vernunft von dem Wahnsinn zurückhielte.

[23] Um dieser Sache willen, wie ich schon oft gesagt habe, geh und brich geradewegs ins Exil auf, wenn du mir, deinem persönlichen Feind, wie du behauptest, den Hass entgegen blasen willst; kaum werde das Gerede der Männer ertragen, wenn du dieses gemacht haben wirst; kaum werde ich die Schwere dieses Hasses aushalten, wenn du auf Befehl des Konsuls ins Exil gegangen sein wirst. Wenn du jedoch lieber meinem Ruhm und meiner Ehre dienen willst, dann wandere mit der verruchten Verbrecherschar aus, begib dich zu Manlius, wiegle die verdorbenen Bürger auf, trenne dich von den Guten, führe mit dem Vaterland Krieg, juble über die ruchlose Räuberei, damit es nicht so scheint, dass du von mir hinausgeworfen in die Verbannung, sondern von mir eingeladen zu den Deinigen zu gehen.

[24] Obwohl, was soll ich dich einladen, von dem ich schon weiß, dass irgendwelche vorausgeschickt wurden, die bewaffnet beim Forum Aurelium bereitstehen, von dem ich außerdem weiß, dass bereits der Termin mit Manlius vereinbart und festgelegt wurde. Von dem ich auch weiß, dass jener silberne Adler vorausgeschickt wurde, von dem ich darauf vertraue, dass dieser dir und all deinen verderblich und unheilvoll sein werde, dem ein Heiligtum der Verbrechen in deinem Haus errichtet wurde. Wie könntest du jenen länger entbehren, welchen du pflegtest aufbrechend zum Töten zu verehren, und vor dessen Altar du oft die ruchlose rechte Hand da zum Mord an den Bürgern angelegt hast?

[25] Endlich einmal wirst du gehen, wohin dich diese deine zügellose und rasende Begierde da schon lange fortriss, und diese Sache geleitet dich nämlich nicht zu Schmerzen, sondern geradezu zu unglaublichem Vergnügen. Die Natur brachte dich zu dieser Sinnlosigkeit hervor, dein freier Wille trieb dich an, das Glück bewahrte dich. Niemals hast du nicht nur die Ruhe, sondern auch nicht den Krieg, wenn nicht für das Verbrechen, gewünscht. Du hast eine aus verdorbenen und nicht nur vom allem Glück, sondern auch von der Hoffnung verlassene, Schar an Verrätern versammelt.


Stand 08/27/99


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